Ist die PDS eine demokratische Partei?

Jürgen P. Lang

Ist die PDS eine demokratische Partei?
Eine extremismus-
theoretische
Untersuchung

Nomos-Verlag
Baden-Baden 2003
29,00 Euro
ISBN 3-8329-0414-X


 

 

 

Heinrich Bortfeldt: Über Ziele und Strategien der PDS.
Ankommen oder draußen bleiben?

Das Parlament 54. Jhrg., Nr. 11 vom 8. März 2004

 Das Buch ist das Ergebnis einer Dissertation, die der Verfasser, Politikwissenschaftler und ausgewiesener PDS-Experte, im Juni 2003 verteidigt hat. Die zentrale Fragestellung ist, wie es der Autor in der Einleitung schreibt, ob sich die PDS “an die Prinzipien des demokratischen Verfassungsstaates hält und seine Werte verinnerlicht hat, achtet und zu bewahren gedenkt” oder ob der Vorwurf richtig ist, die PDS sei eine extremistische Organisation.

Das Buch widmet sich - nachdem der extremismustheoretische Bezugsrahmen als normative Ebene gesetzt ist - zentralen Bereichen der Parteienforschung wie Ideologie, Strategie und Organisation. Dabei bringt Lang jeweils die Positionen der sogenannten Reformer und der Orthodoxen in der PDS ein. Im Kapitel Ideologie sind das die Themen Grundwerte, Demokratie- und Staatsverständnis; im Kapitel Strategie die Themen außerparlamentarische, parlamentarische und Regierungsstrategie; im Kapitel Organisation die Organisationsprinzipien, innerparteiliche Demokratie sowie der Umgang mit innerparteilichen Strömungen. Anschließend werden die Ebenen in einer Synthese zusammengeführt.

Beim Blick auf den umfänglichen wissenschaftlichen Apparat ist selbst ein Kenner der PDS überrascht von der Fülle an Literatur, die mittlerweile zu dieser Partei vorliegt. Das scheint nicht sonderlich verwunderlich, nachdem “das Phänomen PDS” förmlich nach einer Erklärung schreit. 13 Jahre hat sich die PDS als Überlebenskünstlerin bewiesen, was viele Interpretationsmuster hervorbrachte.

Lang erhebt den Anspruch, in diesen Wirrwarr Ordnung zu bringen und die erste extremismustheoretische Analyse zu dieser Partei erstellt zu haben. Er kommt zu folgender Schlussfolgerung: “Der Wertekanon des demokratischen Verfassungsstaates und die ihm entspringenden Prinzipien leiten weder Denken noch Handeln der PDS.” Sie sei zwar keine kommunistische Partei mehr, aber angekommen in der Bundesrepublik sei sie auch nicht. Trotz “Ansatzpunkten einer demokratischen Entwicklung” sprächen die meisten Indizien, vor allem in der strategischen Ausrichtung dafür, die PDS als “extremistische Partei” zu bewerten.

Die Fragestellung, ob die PDS eine extremistische Partei sei, schien Anfang/Mitte der 90er Jahre noch von gesellschaftlicher Relevanz zu sein; im Jahre 2003 wirkt sie eher antiquiert. Auch Lang räumt ein, dass sich selbst der Verfassungsschutz immer weniger für die PDS als Ganzes, sondern nur noch für Teilbereiche, etwa die “Kommunistische Plattform” interessiert. Auch die politischen Parteien reagierten eher pragmatisch: Die SPD hat die PDS in die Regierungsarbeit auf Länderebene einbezogen, die CDU die PDS schon mal stark gemacht, um die SPD zu schwächen.

Gleichwohl ist der extremismustheoretische Ansatz von Lang legitim, wenngleich er wegen der starken Betonung des Normativen unter Politikwissenschaftlern heftig umstritten ist. Die Gegenüberstellung von “Reformern” und “Orthodoxen” mag aus methodischer Sicht sinnvoll erscheinen und unterstellt, dass die Partei des Demokratischen Sozialismus im Grunde keine Mitte hat. Sie ist aber problematisch, weil zum einen die vielen Schattierungen der Grauzone kaum erfasst werden können, und zum anderen, weil sich wahrscheinlich die Masse der Mitglieder eben in dieser Grauzone bewegt. Dadurch wirkt die Gegenüberstellung etwas schablonenhaft und manchmal auch statisch.

Es hätte auch Sinn gemacht, den Weg der PDS in vergleichender Perspektive als post-kommunistische Partei nachzuvollziehen. Hier fehlt auch die ziemlich umfangreiche angelsächsische Literatur zur PDS, die die Partei oft in größere Zusammenhänge stellt. Nicht zuletzt scheint - trotz des enormen Anpassungsdrucks - die Integrationsleistung der PDS-Führung um Lothar Bisky und Gregor Gysi, die rund eine Million ehemalige SED-Mitglieder ziemlich geräuschlos in die Bundesrepublik mitgenommen haben, unterbelichtet.

Kein Zweifel, Langs Studie ist eine Bereicherung der PDS-Debatte, die anregt und auch den Widerspruch herausfordert.
 

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